Forschung aus Bremerhaven AWI will eines der letzten Klimarätsel entschlüsseln

Das Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven will verstehen, wie schnell Permafrostböden in der Arktis auftauen. Und vor allem, was das für das Klima bedeutet.
Die Arktis erwärmt sich deutlich schneller als der Rest der Erde. In den gefrorenen Böden der Region steckt gewaltig viel Kohlenstoff – rund doppelt so viel, wie heute in der Atmosphäre enthalten ist. Wenn diese Speicher auftauen, entweichen Treibhausgase wie Kohlendioxid und Methan. Wie stark dieser Prozess das Klima zusätzlich anheizt, ist bisher kaum bekannt. Das soll sich nun ändern: Unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Bremerhaven startet das internationale Forschungsprojekt PeTCaT („Rapid Permafrost Thaw Carbon Trajectories“).
Ziel sei es, besser zu verstehen, wie schnell und unter welchen Bedingungen Permafrost in der Arktis taut. "Wir wissen, dass die Prozesse regional sehr unterschiedlich sind", erklärt Projektleiter Guido Grosse, Leiter der Sektion Permafrostforschung am AWI. Während die oberen Bodenschichten jeden Sommer natürlicherweise antauten, vertiefe sich durch die Erwärmung die Auftauschicht langfristig.
Millionenförderung für Forschungsprogramm
Besonders kritisch seien jedoch abrupte Tauvorgänge, etwa wenn Küsten abbrechen oder Hangrutsche eisreiche Böden freilegen. Dann könnten in kurzer Zeit große Mengen gespeicherten Kohlenstoffs freigesetzt werden. Eine Entwicklung, die bislang in keinem Klimamodell ausreichend berücksichtigt sei.
PeTCaT will diese Wissenslücke schließen. Das von der gemeinnützigen Organisation Schmidt Sciences mit rund 10,4 Millionen US-Dollar (etwa 8,9 Millionen Euro) geförderte Projekt vereint Forscher aus Deutschland, den USA, Kanada, Schweden und den Niederlanden. Gemeinsam wollen sie einen neuartigen Datensatz aufbauen, der sowohl Satelliten- und KI-Auswertungen als auch Feldmessungen umfasst.
Mithilfe von Fernerkundung und Deep-Learning-Methoden sollen abrupte Tauprozesse in der gesamten Arktis kartiert werden. Parallel sammeln Teams an Standorten in Alaska, Kanada und Finnland Proben, um zu messen, wie sich freigesetztes organisches Material zersetzt und welche Mengen an CO₂ und Methan entstehen.
Projekt dauert fünf Jahre
Aus diesen Daten wollen die Wissenschaftler neue Klimaprojektionen entwickeln, die zeigen, welche Rolle plötzlich auftauender Permafrost im globalen Kohlenstoffkreislauf spielt – und welche Folgen das für das noch verbleibende CO₂-Budget hat. "Diese Prozesse können den Handlungsspielraum für den Klimaschutz deutlich verringern", warnt Grosse.
Das Projekt läuft von Oktober 2025 bis September 2030. Vom Hauptsitz in Bremerhaven aus koordiniert das AWI die Arbeiten – und liefert damit einen zentralen Beitrag, um eines der größten Unsicherheiten im Klimasystem besser zu verstehen: das Schmelzen des Permafrosts.
- awi.de: Mitteilung vom 8. Oktober 2025
