bremen.t-online - Nachrichten für Bremen
Such Icon
bremen.t-online - Nachrichten für Bremen
Such IconE-Mail IconMenü Icon


Bremen

Bremen: Neonazi-Szene "bereit zur Eskalation" – Innenressort warnt


"Deutliche Radikalisierungstendenzen"
Neue Bremer Nazi-Szene "bereit zur Eskalation"

Von t-online, stk

Aktualisiert am 05.11.2025Lesedauer: 3 Min.
imago images 0807290919Vergrößern des Bildes
Grölen, trinken, zuschlagen: Die Bremer Neonaziszene wird als gewalbereit und teils äußerst jung beschrieben (Symbolfoto). (Quelle: IMAGO/Jochen Tack)
News folgen

Das Bremer Innenressort schlägt Alarm: Eine neue Generation von Neonazis radikalisiert sich im Netz, organisiert Gewaltaktionen – und ist teils noch minderjährig.

In Bremen formiert sich eine neue rechtsextreme Szene – jünger, radikaler und gewaltbereiter als frühere Generationen. Das geht aus einer aktuellen Beschlussvorlage des Innenressorts hervor. Besonders alarmierend: In mehreren Fällen handelt es sich um Jugendliche – zum Teil sogar um Kinder – die mit Nazi-Symbolen auffallen, gezielt provozieren oder Waffen mit sich führen.

"Das Alter der auffälligen Personen wird jünger", heißt es wörtlich in dem Bericht. Parallel zur bundesweiten Entwicklung verzeichne auch Bremen eine "deutliche Zunahme von Radikalisierungstendenzen bei Jugendlichen im rechtsextremen Spektrum".

"weserems.aktion" rückt in den Fokus der Ermittler

Ein zentraler Fall ist die Gruppierung "weserems.aktion". Zwar wurde sie nach polizeilichen Maßnahmen inzwischen aufgelöst, doch laut Innenbehörde umfasste sie zuvor etwa zehn Mitglieder zwischen 19 und 36 Jahren. Die Mitgliederstruktur sei "überwiegend männlich" gewesen – mit sehr unterschiedlichem beruflichen Hintergrund. Im Zuge von Hausdurchsuchungen sicherten Ermittler unter anderem Waffen, NS-Propagandamaterial und Hakenkreuz-Tätowierungen. Die Polizei stellte zudem Reizstoffsprühgeräte und Druckluftwaffen sicher.

Die Gruppierung nutzte soziale Medien, um gezielt zu provozieren: Ein gestohlenes Banner wurde vor dem Grünen-Büro fotografiert, ein anderes mit der Aufschrift "Grenzen dicht" vor dem alten Sportamt platziert, das als Rückzugsort der linken Szene in Bremen dient. "Die Aktionen dienten der politischen Einschüchterung", so der Bericht. In Bremen-Findorff verbreiteten die Täter zudem Videos mit rechtsextremer Musik und Symbolik.

Verbindungen zur politischen Neonazi-Szene

Verbindungen bestehen laut Bericht zur NPD-Nachfolgerin "Die Heimat" und deren Jugendorganisation "Junge Nationalisten". Dort wird eine Strategie gefahren, bei der lokale Gruppen unter Bezeichnungen wie "Aktion" oder "Revolte" organisiert werden. Die Bremer Gruppierung ist mutmaßlich Teil dieser Struktur. "Es bestehen Hinweise auf eine enge organisatorische Verflechtung", heißt es aus dem Innenressort.

In mehreren Fällen tauchten bei Hausdurchsuchungen Dokumente auf, die auf eine Mitgliedschaft bei den "Jungen Nationalisten" hinweisen. Auch eine ideologische Nähe zum historischen Nationalsozialismus ist belegt. Bei den Beschuldigten fanden sich diverse NS-Materialien – offen zur Schau gestellt.

Die Szene bleibt nicht bei Symbolen. Die Mitglieder sind "bereit zur Eskalation", wie die Innenbehörde warnt. Sie setzen gezielt auf öffentlichkeitswirksame Provokationen, "gewalttätige sowie einschüchternde Maßnahmen" und die strategische Nutzung sozialer Medien. Einzelne Mitglieder nahmen an Neonazi-Konzerten und Szene-Treffen teil, teilweise auch außerhalb Bremens.

Szene radikalisiert sich über soziale Medien

Die Kontakte der Gruppierung reichen bis nach Niedersachsen und in die überregionale Neonazi-Szene. Auch zu der Gruppierung "Bruderschaft C60/Division 1161", die seit Mai 2025 auf Demonstrationen auftritt, gab es Überschneidungen. In Bremen wird deren Mitgliederanzahl aktuell im unteren einstelligen Bereich geschätzt.

Besonders besorgniserregend: Die neue Szene radikalisiert sich über TikTok und Instagram – häufig unter dem Deckmantel harmloser Freizeitgruppen wie Sportclubs. Dabei erinnern Strukturen und Auftreten an alte Kameradschaften wie "Nordsturm Bremen" oder "Standarte Bremen". Experten beobachten eine Rückkehr zu klassischen Neonazi-Mustern, verpackt in modernen Medienstrategien. Auch sogenannte "Active Clubs" – getarnte Kampfsportgruppen – gehören zum neuen Erscheinungsbild.

Ein weiteres Warnsignal sind neonazistische Schmierereien an Schulen, vor allem in Bremen-Nord. Dort musste das Kompetenzzentrum für Deradikalisierung (Kodex) mehrfach aktiv werden. In einem Fall war von "volksverhetzendem Farbvandalismus" die Rede. Besonders auffällig sei, dass Schüler sich zunehmend offen rechts positionierten und sich entsprechend kleideten. "Viele Fälle werden nicht zur Anzeige gebracht", mahnt das Innenressort.

Behörden reagieren mit Projekten

Verbindungen zu früheren rechtsextremen Straftätern gibt es ebenfalls. "Aus der Vergangenheit sind vereinzelte Bekanntschaftsverhältnisse bekannt", heißt es mit Blick auf die Täter des Brandanschlags auf das alternative Kulturzentrum "Friese". Mehr dazu erfahren Sie hier.

Die Behörden reagieren mit Präventionsmaßnahmen, Beratung und Schulprojekten. Unter anderem plant Kodex aktuell gemeinsam mit dem Landessportbund eine Informationskampagne in der Kampfsportszene. Dennoch bleibt die Lage angespannt. Die Szene ist klein – aber hochgradig gefährlich.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...




Telekom